Workshop zu Fehlzeiten in der Produktion
Fehlzeiten in der Produktion: Wie sehen aktuell die Krankenstände in den Unternehmen aus, welche Entwicklungen zeigen sich, gibt es Auffälligkeiten? Und vor allem: Welche Maßnahmen sind sinnvoll und wirksam, wenn Krankenstände reduziert werden sollen?
Ein wichtiges Thema bestimmte den Erfahrungsaustausch, der am 20. Juli 2023 bei der KHS GmbH in Dortmund stattfand. Rund 20 Teilnehmer*innen kamen aus acht unterschiedlichen Unternehmen zusammen. Dabei war immer jeweils ein*e Verantwortliche*r aus dem Bereich Personal und aus der Produktion für diesen Workshop vorgesehen.
Was wird bereits gegen Fehlzeiten unternommen?
Zu Beginn stellte sich jedes Unternehmen in einer kurzen Präsentation vor, gab Informationen zum aktuellen Krankenstand und erläuterte, welche Maßnahmen bereits umgesetzt wurden, um Fehlzeiten zu reduzieren.
Bereits in dieser ersten Runde wurde deutlich, dass in allen Unternehmen durch die Intensivierung unterschiedlicher Arbeitsschutz- und Sicherheitsmaßnahmen die Anzahl von Arbeitsunfällen wesentlich reduziert werden konnte. Arbeiten ist in den Unternehmen insgesamt sicherer geworden. Ergonomische Arbeitsplätze verringern klassische Gesundheitsrisiken. Es gibt zum Beispiel Arbeitssicherheitszirkel, interne Schulungen und moderne, nach Gesundheitsaspekten ausgestattete Arbeitsplätze. Den Mitarbeiter*innen werden viele Möglichkeiten zur Gesundheitsförderung und Prävention geboten. Darunter fallen die Teilnahme an Gesundheits- und Sportkursen, Angebote zur Rückenschulung, die Nutzung von Fahrrad-Leasing, auch die Förderung gesunder Gerichte in der Kantine gehört dazu. Viele Unternehmen bieten Gesundheits-Check-ups oder Gesundheitstage in Zusammenarbeit mit Krankenkassen an. Auch für psychologische Hilfestellungen bereits im Vorfeld einer nahenden Erkrankung ist bei vielen Unternehmen gesorgt.
Ein weiterer Ansporn finanzieller Art, weniger Fehlzeiten zu haben, liegt in der Einführung einer Prämie im Sinne eines Anwesenheitsbonus. Hier werden einige Modelle bereits in den Unternehmen umgesetzt. Das Prämienmodell kann auch greifen, um Arbeitsunfälle in der Produktion zu verringern: Kein Unfall gleich mehr Stundenlohn, allerdings für das gesamte Team. Dies erhöht zugleich den Sinn für ein verantwortungsvolles Miteinander.
Was kann ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) leisten?
Trotz all dieser bereits realisierten Maßnahmen kommt es nach wie vor zu Fehlzeiten. Im Falle einer Erkrankung, die länger dauert, greifen alle Unternehmen auf ihr jeweils individuell ausgestaltetes Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) zurück, das strukturiert die Rückkehr an den Arbeitsplatz regelt. Fürsorge- und Rückkehrgespräche sind hier die wichtigsten Instrumente und werden intensiv genutzt. Auch die Kommunikation zu erkrankten Mitarbeiter*innen wird oft kontinuierlich aufrechtgehalten. Insgesamt spielt eine wesentliche Rolle, wie stark das Vertrauensverhältnis zwischen Mitarbeiter*in und Führungskraft ist.
Gerade hier sahen alle Verantwortlichen das größte Potenzial, um Fehlzeiten zu reduzieren: Wenn es im Team gut läuft, die Abläufe klar definiert sind, eine grundsätzliche Kollegialität vorhanden ist und das gemeinsame Arbeiten unter guter Führung funktioniert, dann sind oftmals auch weniger Fehlzeiten zu verzeichnen. Stellschraube: Führungskräfte in ihrer Rolle unterstützen, stärken und qualifizieren.
Bereits während der kurzen Vorstellungen der Unternehmen entwickelte sich eine lebhafte Diskussion.
Fehlzeiten aus psychologischer Sicht
Die aktuellen Beobachtungen und geschilderten Entwicklungen aus den Unternehmen unterstützte Hartwig Fuhrmann von 3heit mit seiner Expertise aus arbeitspsychologischer Sicht. Er zeigte anhand von aktuellen Daten der Krankenkassen die Entwicklung von Krankenständen und stellte eine Definition vor, wie Fehlzeiten klassifiziert werden können. Bei mehr als drei Fehltagen kann man von krankheitsbedingten Ursachen wie psychischer Beanspruchung oder somatischen Erkrankungen ausgehen, bei weniger als drei Tagen verbergen sich eher motivationsbedingte Ursachen wie mangelnde Arbeitszufriedenheit oder schlechtes Commitment.
Es stand weiterhin die Frage im Raum, welchen positiven Einfluss Gesundheitsförderung auf Fehlzeiten haben kann. Maßnahmen, die Sport, Ernährung, Entspannung und Führung in den Blick nehmen, wirken sich auf die Belastung, die Beanspruchung sowie die Motivation aus. Hier gilt es festzustellen, welche Maßnahmen in drei unterschiedlichen Präventionsstufen eingesetzt werden können. Dabei gibt es die Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention, die die entsprechenden Maßnahmen dem Individuum, der Unternehmensstruktur oder der Unternehmenskultur zuordnen.
Dies trugen die Teilnehmer*innen in einem übersichtlichen Schaubild zusammen und diskutierten, wo sie in ihrem Unternehmen schon einzelne Stufen abdecken oder diese noch bearbeiten müssten.
Am Ende stand Ernüchterung und der Wille, weiter gemeinsam an der Problematik Fehlzeiten zu arbeiten. Obwohl in allen Unternehmen sehr viele Maßnahmen umgesetzt werden, bleibt ein nicht unwesentlicher Teil an Fehlzeiten bestehen.
Wie können alle Mitarbeiter*innen motiviert werden? Wo lässt sich an einzelnen Stellschrauben drehen, damit psychische Erkrankungen nicht weiter zunehmen? Inwiefern müssen altersbedingte Fragestellungen berücksichtigt werden? Wie lässt sich gute und gesunde Führung in den Unternehmen wirksam durchsetzen?
NIRO freut sich über Anregungen und Wünsche, welche Schwerpunkte in den Fokus rücken sollen und wird weitere Veranstaltungen dazu anbieten.
Ein herzliches Dankeschön an unseren Gastgeber KHS für Raum und Verpflegung und an Hartwig Fuhrmann als Wissens- und Erfahrungsteiler.